Neues vom Wi(e)So-Mensch

Der Wi(e)So-Mensch ist normalerweise eine Rubrik in unserem WiSo-Magazin, in welchem kritisch hinterfragt werden darf. Der jeweilige Autor stellt keine offizielle Stellungnahme oder Meinung der Fachschaft dar, sondern ist ein subjektiver Kommentar des jeweiligen Autors zu einem aktuellen Thema. Traditionell wird der Wi(e)So-Mensche anonym veröffentlicht.


With a taste of a poison paradise

I’m addicted to you

Don’t you know that you’re toxic?

Die Hochschulpolitik, oder von vielen auch liebevoll „HoPo“ genannt, hat so viele Facetten, dass es wahrscheinlich schwierig bis unmöglich würde, sie in den kommenden drei Absätzen würdigend darzustellen. Mit den vielen verschiedenen Gremien kann man Dinge bewegen, mitbestimmen und erlangt Transparenz über alle möglichen strukturellen, personellen sowie inhaltlichen Entscheidungsprozesse an der Uni. Besonders als eine:r von vielen bei Großereignissen wie dem Festival Contre le Racisme mitzuwirken oder auf andere Weise Projekte des AStA gemeinsam umzusetzen, zeigt die Vielfältigkeit des hochschulpolitischen Engagements und, dass es überparteilich funktionieren und harmonieren kann, wenn man nur an einem Strang zieht. Dass man gar Freundschaften mit Personen aus anderen Gruppen schließen kann, wenn man sich nur die Chance dazu lässt. Wie viele Aktive mit Sicherheit bestätigen würden: Eine so interessante und fesselnde Materie, dass man hier gerne versackt und sein Studium unweigerlich ein paar Semester verlängert.

Ich möchte mich heute aber insbesondere auch mit dem überparteilichen Gegen-Einander befassen.

Wo die Uni sonst oft ein Vorzeigebeispiel für Toleranz und Respekt ist, offenbart sich in der HoPo auch immer wieder die Krux der Politik. Wären Funktionär:innen und Parteien stets einer Meinung, bräuchte es diese zahlreichen Gremien und Ausschüsse nicht. Diverse Interessenvertreter:innen treten daher in ebendiesen in einen Diskurs, der mal mehr, mal weniger sauber gehalten wird. So beschimpfen die einen die anderen während der Sitzung im Studierendenparlament, intrigieren Profs die studentischen Vertreter:innen in der engeren Fakultät oder lassen sich Studis von Profs hereinlegen und fahren danach mit einem diffamierenden KSTA-Artikel ihren Rachezug gegen die Fakultät. Letztere Problematik ist wohl unabdingbar, da ganz offensichtlich Lehrende und Studierende verschiedene Intentionen und Ziele in die Gremien mitbringen. Aber sollte man nicht meinen können, dass wir Studierende in einem Großteil der HoPo-Fragen so durch unsere Funktion als Studierende geeint sind, dass wir einer Meinung sein können oder gar müssen? Wirft man einen Blick hinter die Kulissen beim AStA oder auch einfach nur 5 Minuten ins StuPa, könnte man annehmen, das Gegenteil sei der Fall. Dabei spaltet sich die Meinung nicht nur an der Verwendung finanzieller Mittel, sondern oftmals schon an den fundamentalen Haltungen der Personengruppen. Kommt ein Antrag von Partei X, ist Gruppe Y ohne sich darüber informiert zu haben, dagegen. Steht Person A im Stupa für ihren Redebeitrag auf, verdrehen, noch bevor sie was sagen konnte, alle anderen die Augen.

Speziell im Wahlkampf zeigt sich jährlich der anscheinend für viele geltende, goldene Grundsatz: Die eigene Meinung ist unabdingbar die richtige und alle, die das anders sehen, gehören prinzipiell diskreditiert. So fallen in der Wahlkampfwoche alle Höflichkeiten und Kodizes unter den Tisch. Allein die Tatsache, dass Gruppen ihre Neulinge vor dieser Woche darauf vorbereiten müssen, wie man zum einen mit öffentlichen Beschimpfungen umzugehen hat und zum anderen, welche Schlüsselpersonen anderer Gruppen gemieden werden sollten, sagt schon so vieles. Und dabei reden wir nicht von extremen Randgruppen, sondern auch von den größten im Bunde: Unabhängige, JuSos und Campus Grüne. Es wird plakatiert, wo nicht plakatiert werden darf, gegnerische Plakate auch mal beschmiert oder abgerissen, Wähler:innen mit Falschaussagen beraten, sich mit fremden Lorbeeren geschmückt und letztlich alles für die Stimme versprochen, was versprochen werden kann. Das Problem: Keine der Gruppen kann sich ganz davon ausnehmen, gleichzeitig sind es bei jeder der Gruppen stets nur Einzelakteure, die derartig auffallen. Im abgespeckten Rahmen zieht sich das das ganze Jahr dann so weiter. Mal ruhiger, mal lauter, doch als Mitglied einer HoPo-Gruppe begleitet dich diese Spannung unterschwellig bei allem, was an der Uni passiert. Die gefühlte Distanz und teils anonyme Sicherheit während der digitalen Auseinandersetzungen in der Corona-Pandemie haben dabei nicht unbedingt zu einer Besserung beigetragen. Für mich unter anderem ein Grund, meinen Einsatz immer mehr zurück zufahren.

Dabei sollten wir uns vielleicht mal wieder folgendes vor Augen führen: Der AStA leistet sich in jeglicher Konstellation mal Fehltritte, aber meistens doch gute Arbeit. Alle, die sich in der HoPo engagieren, tun dies ehrenamtlich und nach bestem Gewissen. Für viele bieten die Gruppen ein Ort der Gemeinschaft, in der man tolle Leute kennenlernen kann. Tolle Leute gibt’s in jeder der Gruppen. Genauso gibt’s in jeder, auch der eigenen Gruppe, Leute, mit denen man nicht in der Freizeit ein Bier trinken gehen will. Daher wünsch ich mir: Gelassenheit, Respekt, eine vernünftige Menge Kompromissbereitschaft und vor allem die Bereitschaft, sich zuzuhören.

Liebe HoPo

I love what you do

Don’t you know that you’re toxic?

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