Neues vom Wi(e)So-Mensch

Der Wi(e)So-Mensch ist normalerweise eine Rubrik in unserem WiSo-Magazin, in welchem kritisch hinterfragt werden darf. Der jeweilige Autor stellt keine offizielle Stellungnahme oder Meinung der Fachschaft dar, sondern ist ein subjektiver Kommentar des jeweiligen Autors zu einem aktuellen Thema. Traditionell wird der Wi(e)So-Mensche anonym veröffentlicht.

 

Der WI(E)SO-Mensch – Erst viral wird’s digital

 

„Gäbe es keine Krisen – gäbe es auch keinen Fortschritt.“

– Hubert Joost

So banal dieses Zitat auf den ersten Blick wirken mag, so wahr scheints über die letzten Monate geworden zu sein. Hätte der Durchschnittsstudi noch im letzten Sommersemester über Aussagen wie „digitale Lehre an allen Fakultäten“, „Onlinevorlesungen in möglichst allen Modulen“ oder gar „E-Klausuren“ herzlich gelacht, so scheint die aktuelle Krise eine spontane Evolution der Onlinelehre ausgelöst zu haben. Wurde vorher über Jahre hinweg die Digitalisierung als Schreckgespenst, gerade zu als Schauermärchen für die Lehrenden der Generation 50+ genutzt, findet sie heute universitätsweit Einzug in den Alltag der Menschen.

Doch halt liebe Studis, haltet eure Freudentränchen noch zurück. Wer glaubt das Problem sei gelöst und es beginnt die Glanzzeit der modernen Medien, der Innovation der Lehre und die Revolution des universitären Systems, ohne das es Hakt und Quietscht, der glaubt auch, dass Klips DIE Lösung ist und Ilias mehr als 4000 Studis gleichzeitig online bedienen kann. Vergesst nie: Fortschritt kommt nicht ohne Probleme. Und wie wir alle wissen, gehen Probleme keineswegs an den Studis vorbei, ohne nochmal kräftig sämtliche Pläne über den Haufen zu werfen und alles was man sich vorgenommen hat auf den Kopf zu stellen.

Doch der Reihe nach:

Wie in jeder guten Geschichte, beginnen wir am Anfang. Oder doch eher noch einen Schritt davor. Denn vor der Zwangsdigitalisierung kam die WiSo. Wir dürfen dankbar sein, dass hier schon soviel Innovation herrschte, dass Onlinelehre nicht nur ein Wort der fernen Zukunft war, sondern von einigen Lehrenden aktiv probiert wurde. Treu dem Motto, WiSo First, Bedenken Second, stürmte die WISO allen anderen Fakultäten voraus und schrieb sich das ambitionierte Projekt „Möglichst das Ganze Lehrangebot steht ab dem 06.04.2020 online den Studierenden zur Verfügung“, auf die Fahne. 

Jetzt stellt sich die Frage, wie sieht es bei den beiden Enden dieser Onlinerevolution aus? 

Ich kann nur spekulieren, dass zumindest bei 95% der Lehrenden ein gewisses Anpassungspotential vorhanden sein musste, denn es wurde geliefert. Zwar manchmal etwas holprig, doch geliefert wurde. Es sind aber leider diese verfluchten 5%, die man am lautesten hört, die am nervigsten quengeln. Denn natürlich gibt es auch an der WiSo die sprichwörtlichen schwarzen Schafe, die an den „modern Times“ scheitern. Oder vielleicht sich schlichtweg weigern dem Ganzen eine Chance zu geben. Vielleicht denken diese auch „Die Universität hat die Maßnahmen nur bis zum 20.04.2020 verhangen, danach ist der Virus verpufft und ich kann alles so lassen wie es schon immer war. Es lebe der Stillstand!“. Diesen sei gesagt, dass sie an der Universität nicht nur zum Forschen sind, sondern auch zum Lehren. Lehren bezeichnet die Tätigkeit, also eine aktive Handlung, Kenntnisse oder Fähigkeiten zu vermitteln. Lehren bedeutet nicht 200 oder mehr Studis einen Buchtipp zu geben und diszipliniertes Selbststudium ohne weitere Unterlagen zu verlangen, inklusive einer Modulabschlussklausur der Kategorie „Luure mer mol wat kütt, im Zwiefel ist 42 ad de korrekte Antwood“. Bitte liebe 5%, glaubt mir, ein Computer beißt nicht, man kann mehrere Tabs gleichzeitig öffnen, das Internet löschen ist ein größerer Akt als 2 Klicks und ein Bildschirmschoner stellt keinesfalls einen Endgegner dar. Doch genug zu dieser Seite, schauen wir uns die Studis an.

Sei es Generation X, Y, Z oder der klassische Smombie frisch von der Schule. Eins haben sie doch irgendwo alle gemein: Eine gewisse Affinität zur digitalen Welt. So mag die Zwangsdigitalisierung im ersten Moment wie der feuchte Traum eines jeden Studis klingen. Endlich mal auf dem Sofa liegen, Makroökonomische Theorien hören und dabei gemütlich durch wahlweise Netflix, Tinder oder YouTube switchen. Ein Traum! Oder nicht? Ach wären da nicht so einige Probleme mit vorprogrammiert.

Sei es das Ausfallen der Erstsemesterbegrüßung, der Wegfall von guter interaktiver Lehre oder gar die Zwangsverlängerung des Studiums durch die Verschiebung der aller aller letzten Klausur, für die man sich dann extra nochmal zum Sommersemester 2020 rückmelden darf. Aber hey, 284,65€ für eine Klausur und keinen Abschluss? Läuft! Rückwärts.

Doch das sind eigentlich alles nur Probleme, für die die Universität an sich nichts kann. Krisen haben nun mal auch Schattenseiten, sonst wären es keine Krisen.

Ziehen wir also einmal die Scheuklappen aus und betrachten realistisch die Situation. Ja, die Zwangsdigitalisierung bringt uns Möglichkeiten, das Studium und die Universität zu erneuern und zu verbessern. Aber auch nein, nur weil digital grad viral geht, heißt es nicht das alles läuft. Es werden Schnellschüsse gemacht und improvisiert was das Zeug hält. Deswegen sollte man sich immer nachfolgendes im Hinterkopf halten:

So wie es von den Lehrenden und der Fakultät erwartet wird, sich anzupassen, sich zu erneuern und die Lage zu meistern, so kann von uns Studis erwartet werden, dass wir etwas Toleranz zeigen und vielleicht sogar mit einem gewissen Humor an die Sache heran gehen. Und sei es nur mit Galgenhumor.

In diesem Sinne, bleibt gesund!

Euer WI(E)SO-Mensch

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